Der Hund muss weg! (Über die Rückgabe von Hunden)

Wie viele von euch wissen, nehme ich Hunde, die aus meiner Zucht stammen (eine Sache, die auch viele andere Züchter machen) zurück, wenn sie nicht mehr in ihrer Familie bleiben können. Wir wollen dem Hund den Gang ins Tierheim ersparen und suchen dann meist eine neue Familien für das Tier, für das gerade die Welt eingebrochen ist.

Im Grunde ist das in Ordnung so. Wenn, zum Beispiel durch ein Beziehungsende oder ein Todesfall einfach weder Raum noch Zeit für den Hund ist, sehen wir das Ganze auch ein. Es ist nie schön. Hunde leiden unter dieser Trennung ebenso wie Menschen, die plötzlich alles verlieren. Steht ein Mensch nach einem Sturm vor den Trümmern seines Hauses ist das entsetzlich. Niemand mag sich das vorstellen. Der Hund steht vor den Trümmern seines bisherigen Lebens, wo er auf alles vertraut hat, was da war. Auf einmal ist es weg. Der Unterschied: Menschen wissen, dass das Leben weitergeht, sie kennen den Grund, sie wissen, dass man alles wieder aufbauen kann und Geld kommt oft aus dem Topf von Katastrophenhilfsfonds oder von Versicherungen. Wie auch immer. So einem Hund kann man aber nichts erklären, weil er es nicht versteht. Plötzlich ist alles anders, aber der Hund kennt kein warum, weshalb und wird schon wieder und überhaupt. Man kann ihm das nicht einfach sagen. Er muss irgendwie damit zurechtkommen und ich bewundere immer wieder die Anpassungsfähigkeit dieser Tiere, wie schnell sie mit einer neuen Situation zurechtkommen und mitmachen. Menschen verfallen oft in tiefe Depressionen, gehen zu Ärzten, bekommen Medikamente, jammern, fühlen sich elend und kommen aus ihrem Tief nicht raus. Hunde kennen dieses Tief nicht. Sie leiden zwar, aber für sie geht immer alles weiter. Neues Zuhause, neue Anpassung neues Leben, fertig!

Was mich frustriert ist, wie leicht sich Menschen von ihren Tieren trennen und welche Gründe dahinterstecken. Es lässt mich manchmal verzweifeln und an die Ehrlichkeit zwischen Mensch und Tier glauben. Wenn man sich einen Hund zulegt, weiß man doch im Allgemeinen, dass das eine Bindung auf Lebzeit sein soll. Zumindest sollte das die Voraussetzung sein. Niemand will, dass etwas Schlimmes passiert, dass man sich wirklich von dem Hund trennen muss. Passiert wirklich etwas Unvorhergesehenes und es geht absolut nicht mehr, bin ich der Letzte, der solchen Leuten etwas vorwirft. Aber die Fälle sind so selten, wie Schnee in der Wüste.

Hunde werden aus ganz einfachen Gründen abgegeben, nicht etwas weil sie bissig, gefährlich oder nicht zu handhaben sind, sondern aus wirklich einfachen Gründen.

 

Ich nennen mal ein paar Beispiele:

 

Hund ist unfolgsam, lässt sich nicht ableinen und läuft weg (wird sehr häufig angegeben)

Folgedessen: Hunde jagd

Hund bleibt nicht allein im Garten und haut während der Abwesenheit des Besitzers ab.

Hund bleibt im Haus/Wohnung nicht allein, Zerstörung inkludiert. (Zweithäufigster Grund der Abgabe)

Hund heult, wenn er allein ist, das stört die Nachbarn

Hund ist krank, die Tierarztkosten werden zu hoch.

Hund lässt sich nicht ausbilden.

Besitzer ist mit Hund überfordert, weil Hund zu lebhaft.

Hund fordert zu viel Zeit ein

Hund ist nicht rein.

Hund fährt nicht gerne Auto, kotzt oder sabbert.

Hund lässt den Besitzer nicht in Ruhe.

Hund zerbeißt Dinge im Garten

 

Es wird auch immer wieder behauptet, dass wir Züchter daran schuld sind, wenn sich der Hund falsch verhält, weil wir den Welpen nicht geprägt haben, nicht genug Auto gefahren sind, nicht sozialisiert haben und was weiß ich, was sich die Züchter, denn es bin ja nicht nur ich betroffen, oft anhören müssen.

Nein, wir Züchter sind nicht immer an allem Schuld, aber Menschen, die ein Problem haben, suchen die Schuld generell sehr gern bei anderen, nie bei sich selbst. Geht ein Hund zwischen der 8. und 12. Woche zu seinem neuen Besitzer, kann er noch gar nicht viel können, weil er noch viel zu jung ist. Zudem ist der Züchter nicht dazu da, den Hund vorzutrainieren oder gar auszubilden, damit der Besitzer dann keine Arbeit hat. Bitte, was sollen denn wir als Züchter in den Hund alles reintreten und mit wie vielen Situation sollen wir ihn konfrontieren, damit es passt? Oft wird einem suggeriert, dass man eigentlich den ganzen Tag damit beschäftigt sein muss, den kleinen Welpen mit der halben Welt zu konfrontieren. Dass so ein Welpe dann einen Dachschaden haben muss, sollte eigentlich klar sein. Für die entsprechende Erziehung ist nunmal der Besitzer verantwortlich, denn wir als Züchter können nicht wissen, was der braucht, haben will, möchte oder nicht möchte, wie weit sein Hund gehen darf, was er unbedingt soll und was er nicht soll. Manche möchten ihren Hund in einer anderen Sprache trainieren oder … der Wuff geht überhaupt ins Ausland hat dann grundsätzlich mit einer anderen Sprache zu tun.

Zudem sollte man auch wissen, dass das Leben mit einem Hund nicht immer rosig und lieb ist. Genau wie Kinder machen Hunde auch mal Blödsinn. Gibt man Kinder auch gleich weg, wenn sie ihr Kinderzimmer angefangen haben, auseinanderzunehmen? Es gibt Kinder, die schreien jeden Abend vor dem Schlafengehen, weil sie partout nichts ins Bett wollen. Ah, es ein Grund … ab damit ins Kinderheim. Es gibt Kinder, die sind ungehobelt und frech, schlagen andere Kinder mit der Sandschaufel, reißen an den Haaren, spucken … weg damit, so geht das nicht.

Es gibt auch Kinder, die laufen weg. (Auch ich habe mal ein weggelaufenes Kind auf der Straße eingesammelt und verzweifelt den Besitzer … ähhhh, die Eltern gesucht). Es gibt Kinder, die haben mit einem Stein das Auto zerkratzt … nein, eigentlich bemalt, aber Papa war hinterher sehr wütend. Es gibt auch Eltern, die mit ihrem Kind total überfordert sind, weil es lebhaft ist. Ja, bitte schmeißt es in die nächste Ecke oder gebt es dem Züchter zurück.

Ja, zum Uhu, das ist aber mit einem Hund nicht anders, aber der Weg zurück zum Züchter ist schnell gemacht und der Hund wird ohne muh und mäh, ohne alles wie ein Handtuch abgegeben. Hauptsache er ist weg und ärgert mich nicht mehr.

Jeder schreit Tierschutz. Zieht man seinen Hund auf der Straße an den Löffeln, gibt es hundertprozentig jemanden, der das sieht und dich anzeigt. Maßregelt man ungehobeltes Verhalten heftig, ist man ein Tierschänder, Mörder und was weiß ich. Aber so ein Vieh ist ganz schnell abgeliefert, wenn es stört. Man hat mir bereits einen Hund mitsamt Hundebox vor die Haustür gestellt und ist schnell wieder weggefahren. Ja, wo ist die liebe Tierliebe jetzt hingekommen?

Freunde, wenn man sich ein Tier zulegt, übernimmt man Verantwortung und Verantwortung heißt nicht, den Hund weiterzureichen, wenn er gerade nicht in mein Leben passt. Aber es werden auch Partner weitergereicht und viele Kinder landen ebenso in Pflegefamilien, weil sie einfach gestört haben. Verantwortung ist etwas, was viele Menschen nicht mehr haben, vermutlich nicht mal mehr schreiben können.

Hääää, wat is des????

Aber es stimmt mich traurig und fallweise auch wütend, dass es so ist. Man kann es nicht ändern, denn die Welt, die Menschheit, wird immer mehr zum Instrument der Technik. Wie viele mit der Nase am Handy hängen, wenn sie draußen sind und eigentlich die Natur beobachten sollten, weiß ich nicht. Es gibt immer mehr neue Apps und Features. Bald werden wir vom Handy so abhängig sein, dass es ohne gar nicht mehr geht und mir graut vor dieser Vorstellung. Geht das Dings nicht mehr, muss ein Neues her. Geht ja fix und bei Tieren wird es nicht anders gemacht. Geht der Hund nimma, muss er weg und nicht selten werden dann neue Hunde angeschafft, in der Hoffnung, dass die dann besser „gehen“.

Jeder ist selbst daran schuld, wenn sein Hund nicht so ist, wie man ihn gerne hätte. Es gibt keine Probleme, es gibt nur Lösungen und die muss man schon selbst suchen. Niemand sagt, dass es immer leicht ist, das nennt man Herausforderung, aber dazu sind viele nicht imstande, weil … zu mühsam oder es gibt keine passende App!

Wir haben heute wieder einen Hund zurückbekommen. Er ist zu unfolgsam, hat keine Bindung zum Besitzer, haut ab, jagd, leidet unter Stress und  … nervt. Jetzt liegt er völlig entspannt in einem Hundebett, ist nicht spürbar, hat die Hündinnen als solche akzeptiert und wundert sich vermutlich, warum die Welt gerade für ihn so anders geworden ist. Ich hoffe, dass dieses „anders“ für ihn „gut“ ist.